Guy Parmelin est maintenant aussi pour les centrales nucléaires
Nachdem sich Albert Rösti an seiner ersten öffentlichen Rede als Bundesrat dazu hinreissen liess, die Idee einer AKW-Subventionierung ins Spiel zu bringen, hat sich nun auch der zweite SVP-Magistrat aus der Deckung gewagt. Unter dem Deckmäntelchen der Energieversorgungssicherheit wird die AKW-Debatte neu aufgebauscht.
In der Sonntagszeitung vom 22. Januar 2023 äusserte sich Bundesrat Parmelin in einem Interview wie folgt: «Wir haben seit dem Entscheid, das AKW Kaiseraugst nicht zu bauen, die eigene Energieproduktion viel zu wenig gefördert. Darum haben wir jetzt einen Mangel. Um den kurzfristig zu beheben, braucht es die Förderung von alternativen Energien wie Solaranlagen und Windkraft, und dann, wenn wir die bestehenden AKW abschalten, stellt sich auch die Frage nochmals, wie wir sie ersetzen. Noch vor einem Jahr hat man mich ausgelacht, als ich von Stromknappheit sprach. Heute lacht niemand mehr.» Diese Aussage bedarf einer Einordung.
Es stimmt: Die Schweiz hat zu wenig in die eigene Energieproduktion investiert und sich zu stärk abhängig gemacht von ausländischen, fossilen Brennstoffen. Die Stromlücke, die schuf sie sich bis vor Kurzem aber vor allem selbst: Die Stromkonzerne entleerten die Stauseen nämlich zu wirtschaftlich opportuner Zeit und betrieben Profitmaximierung mit unseren Wasserreserven – entgegen dem Interesse der Versorgungssicherheit. Ende März mangelte es dann jeweils in der Schweiz an ebendiesen Reserven. Der politische Wille, daran etwas zu ändert, fehlte bis zum russischen Angriff auf die Ukraine vollständig.
Gut, Bundesrat Parmelin will den Mangel nun also «kurzfristig beheben». Ich frage mich: Warum kurzfristig? Eine Strategie ist viel besser als Notfalllösungen. Künftige Mangellagen verhindern wir nur mit einer verbesserten Energieeffizienz und einer gross angelegten Solaroffensive auf bestehenden Bauten und Infrastrukturen.
Kommen wir zum AKW-Ersatz: Diese Frage stellt sich ihrerseits schon lange. Genauer gesagt seit 2017. Der schrittweise Ausstieg aus der Atomenergie ist Teil der Energiestrategie, die von der Stimmbevölkerung angenommen wurde. Im Sinne der Planungssicherheit wäre es wichtig, definitive Abschaltdaten für die verbleibenden AKW zu definieren. Denn die Abschaltung kommt – früher oder später – sowieso. Mit einem Abschaltdatum wäre auch den AKW-Betreiber*innen gedient, denn sie könnten ihre Businesspläne darauf auslegen. Ein Weiterbetrieb in alle Ewigkeit hingegen, wir mit jedem Jahr riskanter und teurer (wegen der steigenden Sicherheitsvorkehrungen). Dass Bundesrat Rösti nun in Erwägung zieht, die Allgemeinheit für die gestiegenen Kosten aufkommen zu lassen, ist in der aktuellen Situation wirklich unerhört, aber leider in SVP-Kreisen eine beliebte Idee. Bereits 2021 schrieb die SVP in ihrem Energiepapier: «Wenn mit Blick auf die Versorgungssicherheit Investitionen getätigt werden müssen, die ökonomisch unvorteilhaft sind, dann wird am Ende wohl oder übel der Steuerzahler in die Bresche springen müssen.» Ihr Credo: Selbst die Lösung sabotieren und dann die Mehrbelastung auf die Bevölkerung abwälzen.
Auch von neuen AKW träumt die SVP jüngst wieder lauter. Doch neue AKW kommen als Lösung nicht in Frage. Denn mit neuen AKW würden wir weiterhin auf einen fossilen Energieträger setzen: Uran. Noch dazu kommt aktuell über 60 Prozent des Urans für die Schweizer AKW aus Russland – eine problematische Abhängigkeit.
Tatsache ist: Wenn wir vor vierzig Jahren auf grüne Energiepolitik gesetzt hätten, wären die Schweiz heute in einer anderen Situation. Weder wäre sie in so grosser Abhängigkeit vom Ausland noch von fossilen Energien – was sich immer bedingt. Doch wir, die Schweiz kann jetzt tun, was sie damals unterlassen hat: Was wir jetzt brauchen, ist eine Solaroffensive erster Güte. Nicht nur auf Dächern, die grösser als 300m3 sind, sondern auf allen Dächern, alle bestehenden Infrastrukturen, alle verfügbaren Flächen, die nicht im Konflikt mit Biodiversität und Landschaftsschutz stehen. Und eine Steigerung der Effizienzmassnahmen im Gebäude, aber auch im Verkehrsbereich. Und warum nicht mal über Verhaltensänderungen diskutieren?
Was Bundesrat Rösti und Bundesrat Parmelin aktuell stattdessen machen, ist ein SVP-Powerplay im Bundesrat. Die restlichen fünf Bundesräte sollten sich dem ganz klar widersetzen und die Energiepolitik aktiv mitbestimmen.
Aline Trede
Nationalrätin BE
@alinetrede